Spätestens seit dem Anschlag auf die Synagoge in Halle an der Saale am 9. Oktober 2019 ist die Existenz von mörderischem Antisemitismus wieder auf die Agenda der Tagespolitik gerückt. Sebastian Jung reiste zum Prozess gegen Stephan B. nach Magdeburg und fertigte im Gerichtssaal Zeichnungen an. Ähnlich wie in der künstlerischen Prozessbeobachtung zum NSU (2017) hält er die Akteur*innen im Gerichtssaal zeichnerisch fest. Was lernen wir von der Aufarbeitung der Taten in der deutschen Gesellschaft, wenn wir uns diese Zeichnungen anschauen? Wie blicken wir aus dem Zuschauerraum auf diesen Täter mit den sich scheinbar irre kreisenden Pupillen?
Für die Ausstellung Tell me about yesterday tomorrow im NS-Dokumentationszentrum München fertigte Jung bereits Zeichnungen zu dem Video des Täters an, entzog ihm damit sein Propagandamaterial und ermöglichte durch die Entfremdung neue Blicke auf dieses Dokument. Im selben Rahmen schuf er ein Relief zum NSU-Prozess, welches bis heute am Oberlandesgericht hängt.