Aktiv bleiben, trotz allem …
Viele haben schon seit einiger Zeit verlernt, den Anderen, die nicht unsere Art zu denken, leben und handeln teilen, zuzuhören oder sich gar damit zu befassen. Unsere Gesellschaft steckt in einer umfassenden „Wissensfalle“, da zu viele ihrem Halbwissen, ihrer Gefühlswelt trauen. Natürlich gehört zu einer großartigen Gemeinschaft immer etwas Schatten. In einem exzellenten Wein befindet sich ja auch immer etwas Depot. So ähnlich sehe ich das mit dem Antisemitismus in unserer Gesellschaft. Wie groß der Anteil an aktivem, an militantem, an verdecktem, an latentem, … wie auch immer geartetem Antisemitismus ist, kann ich nicht einschätzen. Immerhin gibt es Tonnen von Studien und Statistiken, die den Versuch einer Korrektheit unternehmen.
Fremdenfeindlichkeit, … Antisemitismus war, ist und wird immer ein Teil unserer Gesellschaft sein. Zu viele fühlen sich in der Rolle wohl, gegen jemanden zu sein. Kommt dann noch eine physische oder virtuelle Gruppe dazu, wird ob der „Gruppendynamik“ das Denken vernachlässigt und in der Argumentationsblase der anderen gern mitgeschwebt. Zugegeben, es ist für jeden toll, Menschen mit gleichen oder ähnlichen Ansichten zu treffen. Nur sollte jeder gegenüber dem Gruppenwissen oder sogar dem eigenen etwas skeptisch sein.
Wir vom SCHALOM Restaurant Chemnitz haben uns seit dem 15. März 2000 gastronomisch immer entwickelt und auf der Grundlage sehr alter, traditioneller Gerichte einiges weiter und neu interpretiert. Das bestätigte uns auch die Empfehlung vom »GUIDE MICHELIN« 2018 & 2019. Der große Anteil an Stammgästen legt ebenfalls davon Zeugnis ab. Zugegeben, negative Randerscheinungen bei starker positiver Öffentlichkeit sind da nahezu ein Naturgesetz. Neben den Weltverschwörungsaktivitäten, dem Unterwandern der Politik, der Medien und der Banken und dem Brunnenvergiften nehmen wir uns immer wieder viel Zeit, um in angenehmer Atmosphäre qualitativ gute Speisen, Getränke und ungezwungene Gespräche anzubieten.
Das ist unser Beitrag. Denn in einer Gemeinschaft, die sich von einer Dialog-Kultur zur Monolog-Kultur entwickelt, fehlt die für eine prosperierende Gesellschaft notwendige Offenheit und Mischung aus Gedanken, Gelassenheit und Humor.
Wenn ich die Zahlen des Zentralrates der Juden in Deutschland zur Grundlage nehme, dann leben in Deutschland „augenblicklich“ 150.000 Juden (ca. 94.000 Mitglieder der Gemeinden) und alle sprechen von einem stark zunehmenden Antisemitismus. Vor ca. 15 Jahren wurde eine Zahl von 300.000 Juden in Deutschland registriert, und da war das Thema Antisemitismus in der Gesellschaft eher minderbesetzt. Nicht auszumalen, wenn in Deutschland nur noch unter 100 Juden leben, dann dürften hier nahezu ALLE kollabieren.
Dabei wäre es mir schon fast wieder egal, ob es der oder die Humor heißt.
Uwe Dziuballa, geboren 1965 in Karl-Marx-Stadt, wuchs zunächst in Belgrad auf und kehrte mit 12 Jahren in seine Geburtsstadt zurück. Dort leitet er seit 20 Jahren das koschere Restaurant „Schalom“. 1998 gründete er den Verein Schalom e.V. als deutsch-israelisch-jüdische Begegnungsstätte.